Hallo Allerseits!!

Hartmut


In diesem Jahr wollten uns unsere Radsportfreunde aus Cumiana (bei Turin in Italien gelegen) in Erlangen auf Rennrädern besuchen. Bei unserem letzten Besuch in Cumiana im Jahre 2007 hatten wir uns überlegt, unsere italienischen Freunde die gesamte Strecke auf dem Rad zu begleiten. Es wurde eine anspruchsvolle Strecke mit Übernachtungspunkten vorher ausgearbeitet. Die Strecke sollte in 10 Etappen ca. 1200 Kilometer mit 20000 Höhenmetern haben.
2 Radfahrer (Hans und Jörg) sind mit 3 weiteren Begleitern (Karin N., Fritz und Herbert) schon einige Tage vor unserer Abreise mit ihren Rädern nach Cumiana gefahren bei teilweise sehr schlechten Wetterbedingungen. Hans und Jörg sind dann mit uns von Cumiana wieder nach Erlangen mit dem Rad gefahren, während Karin, Fritz und Herbert den Zug genommen haben.
Am Samstag, den 27.6. haben wir unsere Rennräder und das Gepäck in unser Begleitfahrzeug mit Anhänger verladen. Manfred hat den Wagen dann sicher nach Italien gefahren.
Die Rennradler haben sich dann am Montag, den 29.6. in aller Herrgottsfrühe um 5:41 Uhr in Erlangen in den Zug gesetzt und sind nach Turin aufgebrochen. Mit der Bahn sind 2 Radfahrerinnen (Karin R. und Erna) und 13 Radfahrer (Wolfgang, Hartmut, Charly, Theo, Oswald, Angel, Jack, Hermann, Udo, Gerth, Roland, Carsten und Martin) gefahren. Die Zugfahrt war schon ein halbes Abenteuer, da wir insgesamt 4 mal umsteigen mussten. Es ging schon in Nürnberg los, wo wir nur 5 Minuten Umsteigezeit hatten. Also sind alle schnell von Gleis 9 zum Gleis 21 gelaufen. Als wir oben gehetzt angekommen waren, kam eine Durchsage, dass der Zug heute auf Gleis 18 abfährt. Nachdem wir den Gleiswechsel noch geschafft haben, ging es weiter über Stuttgart, Zürich, Mailand nach Turin. Auf der Bahn-Strecke kamen wir auch an bekannten Pässen vorbei, die wir vor 2 Jahren bei unserer Fahrt nach Cumiana mit dem Rad gefahren sind. Einige Züge hatten Verspätungen, so das wir befürchten mussten, die Anschlusszüge nicht mehr pünktlich zu erreichen. Aber letzten Endes sind wir doch einigermaßen pünktlich in Turin angekommen, wo wir von unseren italienischen Freunden empfangen wurden. Die haben uns dann in mehreren Autos nach Cumiana ins Radsport Vereinsheim gebracht, wo man uns mit einem Abendessen schon erwartete.
Danach erfolgte die Zimmeraufteilung für die beiden Übernachtungen in Cumiana. Die meisten wurden im "Bed und Breakfast" untergebracht, während der Rest von 6 Leuten privat untergebracht wurden. Ich wurde zusammen mit Jack in der Villa Camusso untergebracht. Jack war während der gesamten Tour mein sehr angenehmer Zimmerkollege. Auch Karin hatte dort ein Einzelzimmer bekommen. Wir drei hatten somit die schönste Unterkunft gehabt und haben nach der anstrengenden Zugfahrt sehr gut geschlafen. Der Vater der jetzigen Hauseigentümerin Seniora Camusso ist ein Idol in Cumiana und Umgebung wegen seiner damaligen radsportlichen Erfolge. Im Jahre 1931 gewann er z.B. den Giro d' Italia.
Am nächsten Tag wurden nach dem Frühstück erst einmal die Räder zusammengebaut. Eine kleine Ausfahrt wurde unternommen, um die Räder und auch die Fahrer auf Bergtauglichkeit zu testen. Der Hausberg von Cumiana, die Coletta (mit bis zu 10% Steigung und über 250 Höhenmetern), wurde in Angriff genommen bei glühender Hitze. Danach war ein Mittagessen im Vereinsheim angesetzt.
Der Besuch der Gedenkstätte der im 2. Weltkrieg Erschossenen mit Kranzniederlegung fand am Nachmittag statt. Das Kommando für die Tötung ging von einem Erlanger Offizier aus. Nach dem bekannt werden dieser Tat ist es zu der Friedensbewegung zwischen Cumiana und Erlangen gekommen. Eine dieser Aktivitäten der Friedensbewegung ist das Treffen der Radfahrer mit einer gemeinsamen Tour.
Am späteren Nachmittag hatten wir noch freie Zeit. Jack und ich nutzten das Angebot der Seniora Camusso uns in dem hauseigenen Swimmingpool zu erfrischen. Allerdings kamen unverhoffte Schwierigkeiten auf uns zu. Die Camusso's haben zwei größere Hunde, mit denen wir uns aber schon angefreundet hatten. Einer der beiden Hunde machte aber unverhofft Schwierigkeiten als ich ins Wasser steigen wollte. Er versperrte mir den Weg zur Leiter ins Swimmingpool. Jack lenkte ihn darauf hin ab, in dem er den Hund mit Wasser bespritzte. So konnte ich doch ins Wasser steigen. Nun musste ich den Hund ablenken, damit auch Jack in den Pool konnte. Der Hund hatte aber großen Gefallen an Jack und lief immer am Rand des Pools in Jacks Nähe auf und ab. Aussteigen aus dem Wasser war somit gar nicht möglich. Ich konnte noch ein paar Fotos mit Jack's Kamera machen, die wir am Abend präsentieren konnten. Die Fotoserie löste jedenfalls große Heiterkeit aus. Herr Camusso hörte wohl von den Vorfällen am Pool und wies den Hund ohne viele Worte zurecht. Der legte sich dann ganz brav unter einen Liegestuhl. Nachdem Hr. Camusso wieder gegangen war, fing das Spiel mit dem Hund aufs Neue an. Allerdings befreite uns Hr. Camusso noch einmal aus der Situation und wir beschlossen den Pool jetzt zu verlassen.
Zum Abendessen waren wir noch eingeladen in einer Gaststätte auf einer Anhöhe über Cumiana. Hier konnten wir uns noch einmal ausgiebig stärken mit wohlschmeckenden Speisen und Getränken für die kommenden Tage. Uns wurden Geschenke überreicht, die aus einer guten Flasche Wein, hervorragendem Honig und einem Wecker bestanden.
Die Italiener waren mit Daniele, Massimo, Mauro, Aldo, Roberto, Giovanni, Pasquale, Giancarlo, Gianfranco, Felice und Daniela auf dem Rad vertreten. Die Mädchen Gaja und Arianna begleiteten uns die gesamte Tour im Campingbus von Pietro und seiner Frau. Die Kinder stiegen ab und zu auf ihre kleinen Rennmaschinen und fuhren auf einigen Teilstücken mit. Sogar eine Pass-Abfahrt meisterten sie mit Bravour.

Am 1.7. in aller früh um 7 Uhr sollte es endlich losgehen mit der Tour. Die Radfahrer warteten alle schon gespannt am Marktplatz auf das Startsignal. Aber unser Begleitfahrzeug tauchte nicht auf. Es stellte sich ein Batterieschaden heraus. Mit einer halben Stunde Verspätung starteten wir dann endlich. Einige weitere Cumianer haben uns dann noch auf der ersten Etappe mit dem Rad bzw. Auto begleitet. Zuerst ging es bergauf über die Coletta, danach relativ flach weiter nach Susa. Wir haben versucht in einer Gruppe die erste Verpflegung in Susa zu erreichen, was aber nicht ganz gelang. Unterwegs traten schon die ersten Defekte auf, so das Jörg als unser Chef-Mechaniker schon die ersten Zusatzarbeiten wahrnehmen musste.
Nach Susa ging es den Mont Cenis hinauf, dem ersten langen Anstieg mit ca. 1500 Höhenmetern (hm). Am Anfang war ich zusammen mit Roland unterwegs. Bald gesellten sich Carsten, Pasquale und Felice dazu. Das Tempo wurde etwas erhöht und ich ließ abreißen. Oben auf dem Mont Cenis war Verpflegung. Ich erreichte das Ziel einige Minuten hinter der Spitzengruppe. Hier wurde ich zum Nudelessen am Campingbus eingeladen, was ich gern angenommen habe. Jetzt ging es ca. 400 hm bergab, bevor es den Col de Iseran hoch ging. An der Einmündung zum Iseran warteten Carsten und Roland auf mich. Ich hätte bestimmt das unscheinbare Schild bei der Abfahrt übersehen. Wir fuhren dann zusammen in glühender Hitze weiter. Auf einem flacheren Stück trafen wir noch auf Hans, der vor uns gefahren war. Bevor es richtig steil wurde haben wir unsere Trinkflaschen noch aufgefüllt. Unsere kleine Gruppe ist im Laufe des Anstiegs auseinandergefallen. Oben weht uns ein recht kalter Wind entgegen. Die Luft wird immer dünner. An den Seiten sind noch die Schneeberge zu erkennen. Auch ein paar Murmeltiere sind zu hören. Den Gipfel erreicht Roland als erster, danach folge ich. Jetzt sind wir auf einer Höhe von 2770 Meter.
Unser Verpflegungswagen, wo wir wärmende Sachen im Rucksack hinterlegt hatten, hatte den Gipfel allerdings noch nicht erreicht. Wegen der Kälte und einem nahenden Gewitter entschloss ich mich sofort in Richtung Ziel bergab weiterzufahren. Ich zog noch schnell meine Armlinge und den Windstopper an. Unter das Trikot habe ich noch die Knielinge umfunktioniert als zusätzlichen Kälteschutz für den Brustbereich. Bis Val d'Isere fahre ich ab und warte auf meine Begleiter, die mich auch bald erreichen, an einer geschützten Stelle. Jetzt setzt auch das Gewitter mit Regen ein. Wir besorgen uns etwas zu Essen und Trinken und warten ab. In winterlicher Ausrüstung kommen weitere Radfahrer von uns in Val d'Isere vorbei, die aber gleich weiterfahren zum Hotel in Bourg St. Maurice (Etappenort der Tour de France 2009). Wir starten nach ca. 2 Stunden Wartezeit dann auch, nachdem das Gewitter sich gelegt hat, und sind doch noch vor unserem Auto im Ziel. Das Auto trifft erst um 20:30 Uhr ein, da es auf den Letzten am Iseran warten musste. Zudem war es erst zu einem Nachbarort gefahren und wollte das Gepäck in einem gleichnamigen Hotel abladen. Nach einem Menu mit Schweinefilet, einer Extra Portion Nudeln sanken wir ins Bett. Insgesamt gesehen war es ein sehr harter Tag mit 166 km und 3500 hm.

Für den 2. Tag war eine kürzere Strecke angesagt. Wir fuhren auf den Strecken, die die Tour de France einige Tage später zu absolvieren hatte. In der früh musste mein Rad durch Jörg wieder tauglich gemacht werden, da schon am Vortag die Schaltung nicht richtig funktionierte. Der Cormet de Roselend war unsere erste Hürde, die es zu meistern galt. Zusammen mit Carsten ging es bergauf und wir überholten einige von unseren Radfahrern. Als wir Aldo überholten sahen wir vor uns ein rotes Trikot und meinten, das wir bald auch da zum Überholen ansetzen werden. Bis auf Roland, der an diesem Tag eine andere Route wählen wollte, konnte uns kaum einer am Berg halten. Wir kamen allerdings nicht näher heran. Irgendwann blieb allerdings der "Rote" zum Fotografieren stehen und es stellte sich heraus das es Roland ist, der seinen Plan geändert hatte. Gemeinsam fuhren wir weiter und genossen die herrlichen Aussichten.
In der Abfahrt erreichen wir einen malerischen See. Am Wegesrand liegt ein schwarzer Hund, der nur kurz aufblickt und für unsere Weiterfahrt zustimmend nickt. Der Col de Saisies und der Col de Aravis sind die weiteren Herausforderungen an diesem Tag. An diesem Tag hatten wir über 92 km und 2700 hm gefahren mit wunderbaren Aussichten. Auch den Mont Blanc haben wir aus der Ferne gesehen. Beim Verpflegungswagen war allerdings der Wassernotstand ausgebrochen, da wir viel Getränke brauchten wegen der Hitze. Im Ziel La Clusaz erwartete uns ein schönes Hotel, welches uns auch ein sehr gutes und reichhaltiges Menu servierte. Die freie Zeit wurde genutzt um die Radsachen zu waschen. Das abendliche Gewitter hat uns nicht weiter gestört.

Heute geht es zum Genfer See nach Yvoire. Es sind 104 km mit 1700 hm zu absolvieren über den Col de la Colombiere und den Col de Saxel. Auch hier ist es landschaftlich reizvoll, aber die 2. Etappe war doch noch schöner. Die 2. Verpflegung sollte am Friedhof von Marignier sein. In Marignier gab es dann eine ziemliche Verwirrung, da der Ort zwei Friedhöfe hat und der ausgemachte Friedhof zudem noch schwierig zu finden war. So fuhr ein Teil der Gruppe auf der Hauptstrasse weiter und ein anderer Teil auf der geplanten Route. Den Verpflegungswagen haben wir nicht zu sehen bekommen. 15 km vor dem Ziel kamen wir an einen übel ausgebauten Bahnübergang. Oswald kam hier zu Fall, allerdings waren es nur ein paar leichte Schürfwunden. Bei seinem Fahrrad musste er jedoch einige Teile wieder zurechtbiegen, bevor wir zu unserem Zielort fahren konnten. Wir fanden dort ein recht schönes Hotel am See vor.
Nach dem üblichen Duschen gingen wir durch die Altstadt an den ca. 300m entfernt liegenden Genfer See. Da wir recht leicht bekleidet zum See gingen, haben wir schon für Aufsehen mit unseren Radlerbeinen gesorgt. In den mit Kieselstein bedeckten See bin ich super vorsichtig hineingegangen mit meinen empfindlichen Füßen. Das muss auch ein Bild abgegeben haben. Das hinauskommen aus dem See war nicht minder leicht. Das Abendessen war ein Menu und bestand im Hauptgericht aus Fisch und Pommes Frites, hierzu 20 Salatblätter für je 8 Leute.
Aldo hatte sich einen ordentlichen Sonnenbrand zugezogen und bekam Fahrverbot für den kommenden Tag. Er ist dann in den Campingbus eingestiegen.

Der nächste Tag, ein Samstag, sollte ursprünglich mit dem Schiff über den Genfer See nach Nyon gehen mit anschließender Weiterfahrt per Rad. Es stellte sich aber schon vorher heraus, das der Schiffsverkehr erst recht spät stattfindet. Somit sollte es eine Etappe mit ca. 200 km und über 3000 hm geben, was den meisten natürlich nicht zusagte. Am Abend vorher hatte man allerdings noch eine alternative Schiffsroute ausfindig gemacht und so brachen wir in der Früh um 7 Uhr zu dem Nachbarort auf. Allerdings stellte sich heraus, das die Fähre nicht an einem Samstag fuhr. Somit waren wir gezwungen über Genf nach Nyon mit dem Rad zu fahren. Wir blieben auf der flachen Strecke in zwei Gruppen zusammen bis zur Verpflegung in Nyon.
Danach haben sich kleinere Gruppen gebildet, wobei jede Gruppe einen eigenen Weg zum Zielort eingeschlagen hat. Am Gipfel des ersten Passes Col du Marchairuz setzte ein heftiges Gewitter ein. Mit Karin, Jack, Oswald haben wir uns dann in die Berggaststätte geflüchtet. Nach dem Gewitter haben wir uns einen Weg gesucht, der nicht nach Regen aussah. Unterwegs hat mir allerdings ein scharfkantiger Stein zu einem Reifenplatzer am Vorderrad verholfen. Ich musste Reifen und Schlauch austauschen. Dank dem Reifen vom Jack, der Kraft vom Oswald beim Luft pumpen und der guten Pumpe von der Karin kam wieder genügend Luft in den Reifen. Zur Abschreckung vor Reifendefekten habe ich Schlauch und Mantel gut sichtbar an einen Wegweiser gehängt.
Da wir lange Zeit nichts mehr zu Essen bekommen haben, meldete sich bei mir ein sogenannter Hungerast an. Der Magen zieht sich immer weiter zusammen und die Kraft lässt nach. Jack hat mir zwar noch mit zwei Scheiben Brot und einer Banane ausgeholfen, aber das half auch nur kurzfristig. Wir fanden dann einen Ort am Neuchatel See, in dem ein Straßenfest stattfand. Hier waren die Leute kostümiert wie in den 20er Jahren. Ein Teller Spaghetti hat dann den Hungerast einigermaßen bekämpft, so das wir unseren Zielort Montzillion ansteuern konnten. Da wir uns unterwegs bei den immer wieder auftretenden Regenfällen in Gaststätten oder Cafes geflüchtet hatten, sind wir als letzte nach 178 km und 2300 hm im Ziel angekommen, während die anderen schon mit dem Essen warteten. Dafür hatten wir den besonderen Service der Begleitmannschaft bekommen, die uns das Gepäck schon ins Zimmer gestellt hatte. Heute erwischte es Roland mit einem Sturz auf regennasser Straße. Gott sei Dank waren es "nur" Hautabschürfungen. Am Abendessen gab es nichts auszusetzen. Es war ein sehr gut angerichtetes Biomenu. Auch das Frühstück am nächsten Morgen war sehr gut und reichhaltig, so das ich als letzter den Speisesaal verließ.

Der 5. Tag sollte noch einmal ein arbeitsreicher Tag werden mit 170 km und 2000 hm. Er führte von Montzillion in der Schweiz über die Grenze nach Frankreich nach Guebwiller. Ich bin als letzter auf mein Rad gestiegen um die starke Anfangssteigung zu bewältigen. Jetzt hieß es erst einmal den Anschluss zu unserer Gruppe finden. Obwohl die Beine noch nicht so recht wollten, gelang mir der Anschluss, da ich ein Teilstück im Windschatten unseres Begleitfahrzeugs fahren konnte. An den folgenden Pässen im Jura hatte ich keine guten Beine und so musste ich mich schon recht abmühen. Wahrscheinlich waren das noch die Nachwirkungen vom Hungerast gestern. Wir fuhren durch wunderbare Schluchten bis wir zu unserer zweiten Verpflegungsstelle kamen. Dort fand ich auch eine Dose mit Pulver für einen Regenerationsdrink vor. Also wurde eine große Dosis in meine Trinkflaschen gegeben. Viel hilft viel, habe ich mir gedacht. Wir rollten in einer größeren Gruppe auf den Corniche de Jura zu. Hier ging es gleich steil zur Sache mit ausgewiesenen 12% Steigung. Anfangs fühlten sich auch hier meine Beine noch müde an und so musste ich die Spitzengruppe ziehen lassen. Jedoch mitten im Pass spürte ich wie die Kräfte frei wurden. War das die Auswirkung von dem Pulver? Ich kam relativ schnell an die Spitzengruppe heran und konnte jetzt zeigen was in mir steckt. Auch das Festhalten von Roland an meiner Sattelstütze hat mich nicht beeindruckt. Ich dachte nur der Berg wird steiler und habe einfach mehr Druck aufs Pedal gebracht um mit gleicher Geschwindigkeit weiterzufahren.
An der nächsten Verpflegung habe ich dann wieder auf Karin, Jack und Oswald gewartet, da Roland und Carsten noch eine Extratour vorhatten. Aldo wurde vermisst. Wie sich hinterher herausstellte, ist er den Pass immer weiter hochgefahren, obwohl er laut Streckenplan vorher abbiegen musste. Oben hat er gemerkt das er wohl falsch gefahren ist und ist wieder umgekehrt. Unser heutiger "Lumpensammler" Jörg hat ihn dann in seine Gruppe aufgenommen. Es geht wellig weiter bis zum Zielort. Dort haben wir Kopfsteinpflaster bis zu unserem schönen Hotel zu absolvieren. Im Hotel gibt es als Hauptgericht Polenta mit Fisch, alternativ gibt es ein blutiges Steak. Das Steak ist aber den meisten auf den Magen geschlagen. Von der Menge war das Essen jedenfalls nicht Radfahrer gerecht.

Heute, am 6. Tag, soll es über die Grenze nach Deutschland gehen mit einem Zwischenstop in Colmar. Carsten geht es gar nicht gut, da er gestern auch das Steak verspeist hat. Bei trübem Wetter nehmen wir unseren ersten Pass Col de Bannstein in Angriff. Danach geht es durch die Weingebiete mit kurzen und knackigen Anstiegen weiter bis wir Colmar erreichen. Dort lassen wir es uns gut gehen und gehen dort gleich 2 mal zum Essen. Ein Flammkuchen ist die erste Grundlage für den Magen, danach folgt noch eine Portion Spaghetti Bolognese.
Als wir Colmar verlassen, treffen wir auf frisch asphaltierte Strassen, die wahrscheinlich wegen der in wenigen Tagen stattfindenden Tour de France neu gemacht wurden. Ein Teilstück war allerdings noch so frisch, so das wir festgeklebt wären. In letzter Sekunde haben wir das noch erkannt und sind millimetergenau rechtzeitig zum Stehen gekommen. Es war ein längeres Schieben der Räder notwendig am Straßenrand, der mit Brennnesseln übersäht war. Nach dieser unfreiwilligen Einlage ging es weiter über die Grenze in Richtung Zielort Schweighausen. Am Abend feiern wir Theo's 60. Geburtstag mit Schwarzwälder Torte. Der italienische Wirt spielte auf seiner Orgel dazu auf. Heute hatten wir nur 102 km und 1000 hm auf den Tachos stehen.

Es regnet schon gleich in der Früh recht heftig beim Aufbruch zu unserer 7. Etappe. Einige ziehen es vor noch ein bisschen abzuwarten, bis sich der Regen verzieht. Zuerst geht es in einen Anstieg. Oben angekommen wird es schon weniger mit dem Regen. Nun fahren wir recht vorsichtig talwärts und tatsächlich klart das Wetter auf. Nach einigen kleineren Ungereimtheiten bei der Streckenführung steuern wir auf die Verpflegung in Hopfau zu. Dort entdecken wir eine Gaststätte und klagen dem gerade ankommenden Wirt unsere Notlage. Er bereitet uns dann auch eine gute Mahlzeit vor, die wir genüsslich verspeisen. Von der Terrasse der Gaststätte haben wir Einsicht auf die Strasse und unseren Verpflegungswagen und sehen einige unserer Radfahrer vorbeifahren. Dann brechen auch wir auf, um unser Ziel in der Jugendherberge in Tübingen nach 122 km und 850 hm ohne nennenswerte Schwierigkeiten zu erreichen. Dort beziehen wir das recht enge Quartier. Als Gastschläfer haben wir heute noch Theo bekommen, der erst einmal seine Computerauswertung vornimmt. Nach dem Abendessen unternehmen wir noch einen Spaziergang durch Tübingen bevor wir zum Matratzen-Horchdienst übergehen.

Da auch die 8. Etappe von Tübingen nach Untergröningen mit 116 km und 1400 hm nicht allzu viel abverlangt, brechen wir um 9 Uhr auf. Wir haben heute durchgehend Schauerwetter und sind immer wieder auf der Suche nach einem geeigneten Unterstellplatz. Beim ersten Schauer bin ich gleich in einem Cafe verschwunden und genieße ein Stück Kuchen und einen Capuccino. Vorher musste ich mir allerdings noch eine Schimpftirade einer Einheimischen anhören, der ich wohl nicht schnell genug den Weg freigemacht habe. Der Fahrzeugverkehr auf unserer Strecke war schon recht heftig. In Schwäbisch Gmünd haben Oswald und ich ein gemütliches Cafe mit netter Bedienung und gutem Kuchen gefunden, wo wir die nächste Trockenperiode abgewartet haben. Unsere italienischen Begleiter zogen es vor weiter zum Zielort zu fahren. Wir sind beim Herausgehen aus dem Cafe auf Roland und Carsten gestoßen, mit denen wir dann auf recht abenteuerlichen Wegen unseren Zielort erreichten. 6 Leute einschließlich mir waren heute im Privatquartier der Frau Asbacher untergebracht, der Rest war in der daneben liegenden Brauereigaststätte untergebracht. Hier fand auch das Abendessen statt. Ich genehmigte mir einen Rostbraten. Bei der Fr. Asbacher haben wir unsere Radwäsche in der Waschmaschine gewaschen, so das wir für die kommenden Tage sauber starten konnten.

Die heutige 9. Etappe sollte uns nach Gebsattel bei Rothenburg mit 96 km und 800 hm führen. Am Abend vorher wurde die Streckenführung noch geändert wegen einem Abstecher zu Hermann's Mutter im Seniorenheim in Dinkelsbühl. Am Morgen fand noch eine Brauereibesichtigung in unserer Unterkunft statt. Dann ging es los in einem großen Tross bis Dinkelsbühl.
Im Seniorenheim wurden wir mit Kaffee und Schneckennudeln, einer Dinkelsbühler Spezialität, herzlich empfangen. Der Besuch hat nicht nur den Italienern gut gefallen, da er doch eine persönliche Note hatte. Anschließend wurde noch eine Stadtbesichtigung auf dem Rad unternommen bis wir zur Weiterfahrt aufbrachen. An einer Abbiegung kam es zu einem Sturz von Roberto und Massimo. Dank vorbildlichem Abrollen in das angrenzende Feld ist nichts passiert.
Nach unserer letzten Verpflegung sind die Kinder wieder mitgefahren. Ursprünglich sollten alle gemeinsam auf gleichem Weg ins Ziel fahren, was aber wegen dem schlecht ausgebauten Radweg nicht möglich war. So wurden wir auf die Hauptstrasse nach Rothenburg geleitet. Theo fuhr erst gemütlich mit seinem Navigationssystem vorne weg. Irgendwann ist mir das zu langweilig geworden und habe dann die Führung für die 15 km bis zum Ziel übernommen. Zum Schluss waren wir nur noch zu viert, da die anderen von der Hauptstrasse abgebogen sind. Die Abbieger haben sich dann noch 2 Reifendefekte eingehandelt. Wir haben es diesmal geschafft, als erste vor dem Begleitauto am Ziel zu sein und konnten uns die Zimmer auswählen. Allerdings mussten wir auch die Koffer und Taschen ausladen.

Nun ging es auf unsere letzte Etappe. Die Strecke wurde am Abend vorher noch entschärft, da wir alle gemeinsam den Weg nach Erlangen fahren wollten. Ursprünglich waren viele kurze und harte Anstiege geplant, die aber auf Grund des stark unterschiedlichen Leistungsvermögen der Teilnehmer keine gemeinsame Gruppe zuließen. Ich wurde als Wachhund nach hinten berufen und sollte gemeinsam mit Roland und Jack die Gruppe zusammenhalten. Das gelang auch recht gut bei der gewählten Strecke. Wir haben unterwegs niemand verloren. Der starke Wind trieb uns zügig Richtung Heimat. Unterwegs kamen uns Fritz, Herbert und Rainer noch entgegen, um uns nach Nürnberg-Muggenhof in die Lebenshilfe zu begleiten.
In der Lebenshilfe waren wir eingeladen zu einem Mittagessen beim Küchenchef Detlev Weisser, dem Sohn von Wolfgang. Der Empfang und auch das Essen waren vom Feinsten. Es wurden 5 Sterne dafür vergeben. Nach dem Mahl ging es mit zusätzlichen Begleitern weiter durchs Knoblauchsland in Richtung Rathausplatz in Erlangen. Hier wurden wir vom Oberbürgermeister Balleis sehr herzlich empfangen. Unsere italienischen Radfahrer wurden in der Gaststätte Güthlein untergebracht, wo auch das Gepäck aller Teilnehmer ausgeladen wurde. Ich machte mich also schnell auf den Heimweg mit dem Rad um anschließend das Gepäck abzuholen. Somit war ich heute 113 km mit 500 hm unterwegs. Zu Hause konnte ich noch einiges von unserer Tour berichten um dann müde ins Bett zu fallen.

Am nächsten Tag war am Vormittag eine Stadtführung für unsere Italiener angedacht. Die Führung wurde in italienischer Sprache kommentiert. Jörg hat mit seinen hervorragenden Italienisch Kenntnissen das Wesentliche für uns Deutsche übersetzt. Anschließend wurde noch ein Essen in der Gaststätte Moravia eingenommen. Am Abend trafen wir uns alle noch mal in der Gaststätte Güthlein zu einem gemeinsamen Essen. Wir konnten uns alle recht gut unterhalten und hörten auch den Reden einiger Teilnehmer zu. Danach wurde recht herzlich Abschied von unseren Freunden aus Italien genommen, denn am nächsten Morgen fand die Heimreise im Bus statt. Es wurde das Versprechen gegeben, das wir uns in 2 Jahren wieder treffen.

Viele Grüße
Hartmut

Zurück zur Hauptseite

SGS Radsport

Sportgemeinschaft Siemens Erlangen Radsport