Der Ötztaler Radmarathon feierte in diesem Jahr sein 30. Jubiläum. Er ist zu einem Mythos für Profis, Ex-Profis und Freizeitsportler geworden. Am letzten Sonntag im August sind laut Ausschreibung 238 Kilometer und 5500 Höhenmeter zu bewältigen. Die Strecke führt von Sölden (Österreich, Tirol) nach Ötz, dann über das Kühtai auf 2020 m Höhe nach Innsbruck. Von Innsbruck wird die Brenner Bundesstraße bis zum Brennerpass gefahren, bevor es in die Abfahrt nach Sterzing in Südtirol geht. Ab dort geht es zum Jaufenpass empor auf 2090 m und wieder hinab nach St. Leonhard im Passeiertal mit anschließender Bewältigung des Timmelsjoch (2504 m). Ein paar Körner benötigt man in der Abfahrt zum Ziel in Sölden noch, da an der Mautstation ca. 200 hm mit 9% Steigung zu erklettern sind. Unterwegs sind 5 Verpflegungsstellen aufgebaut, die die Radfahrer mit neuer Energie versorgen. Die Strecke ist zum größten Teil gesperrt für den allgemeinen Fahrzeugverkehr oder aber vorbildlich gesichert durch die Polizei.

Die Anmeldung für den Radmarathon erfolgt schon im Februar. Über ein Losverfahren werden aus ca. 15000 angemeldeten die 4000 startberechtigten Teilnehmer ausgewählt. Ich hatte mich als Kleingruppe “Cumiana-Fahrer” mit zwei weiteren Freunden angemeldet. Leider hatten wir kein Glück bei der Verlosung, aber ich konnte doch noch einen Startplatz durch Umschreibung bekommen. Nun war klar das jetzt fleißiges und intensives Training notwendig war um die lange Distanz zu bewältigen. Ein spezielles Training in den letzten 6 Wochen vor dem Ötztaler sollte bewirken, das man punktgenau fit sein soll.

Am Donnerstag, den 25.8. fuhren meine Frau und ich nach Sölden in unsere recht zentral gelegene Frühstückspension “Vierjahreszeiten”. Bestes warmes Wetter fanden wir dort vor und ich konnte bei einer Ausfahrt nach Vent schon etwas Höhenluft schnuppern. Die Wetterprognosen sagten allerdings nichts Gutes für den Samstag voraus. Angesagt war ein Temperatursturz mit viel Regen und Wind.

Und tatsächlich kam es am Samstag zu der gravierenden Wetteränderung. Es war kalt und regnete. Vom Frühstückstisch konnten wir noch beobachten, das Jan Ullrich und einige andere Radfahrer sich zu einer Ausfahrt bereit machten. Jan hatte seine Unterkunft gleich gegenüber unserer Pension und war auch als Teilnehmer für den Ötztaler gemeldet. Sie fuhren nach einigen Fototerminen in guter Stimmung in Richtung Timmelsjoch los. Das Wetter verschlechterte sich jedoch zusehends. In höheren Lagen sah man den Schnee und auch starker Hagel prasselte herunter. Nach gut einer Stunde kamen dann auch Jan mit seiner Mannschaft mit eiskalten Fingern wieder zurück.

Das Timmelsjoch musste sogar für einige Zeit wegen dem Schnee für den Autoverkehr gesperrt werden. Am späten Nachmittag beruhigte sich das Wetter wieder und so hatte man Hoffnung auf einen besseren Sonntag, dem Tag des Ötztaler Radmarathons.

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Samstag Abend machte ich noch die notwendigen Vorbereitungen für den Renntag. Bekleidung wurde bereitgelegt, die Startnummern befestigt. Die Trinkflaschen wurden mit Kohlehydratpulver und Wasser gefüllt. Als Kühlschrank für die Trinkflaschen diente der Balkon.

Am nächsten Morgen klingelte der Wecker schon früh. Der Start sollte um 6:45 Uhr sein, aber ich wusste, das man sich schon kurz nach 6 Uhr am Startplatz aufstellen muss um einigermaßen vorn dabei zu sein. Ich holte meine Trinkflaschen aus dem “Kühlschrank”. Der war eindeutig zu kalt auf 2 Grad eingestellt. In meiner Radbekleidung ging ich zum Frühstück. Danach zog ich mir einige warme Sachen an um beim Start nicht auszukühlen, holte mein Rad aus dem Skikeller und fuhr zum Startplatz. Es waren schon viele Radfahrer unterwegs mit dem gleichen Ziel. Die Startzone war schon gut gefüllt und ich musste bei der 1000 m Marke zum Ziel meinen Platz einnehmen. Mit einigen Gesprächen vertrieb man sich die Zeit bis zum offiziellen Start.

Die Sonne kam heraus und es war nahezu windstill. Das Wetter sollte den ganzen Tag so bleiben, also eine perfekte Voraussetzung für den Ötztaler.

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Der Startschuss erfolgte pünktlich, aber vor mir bewegte sich nichts. Man hatte den Eindruck als ob niemand Lust hätte los zu fahren. Aber nach einigen weiteren Minuten kam doch etwas Bewegung ins Feld, so dass ich 10 Minuten später über die Startlinie rollte. Viele Zuschauer säumten schon die Strecke zu dieser frühen Stunde und feuerten die Teilnehmer an.


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Ich suchte mir ein passendes Hinterrad für die abfallende Strecke nach Ötz am reißenden Fluss entlang. Trotz der rund 4000 Teilnehmer war keine Hektik im Fahrerfeld zu verspüren.

Vor dem Anstieg zum Kühtai hielt ich an, um einen Teil meiner Bekleidung abzulegen. Das Kühtai beginnt schon mit beträchtlicher Steigung. Einige Kollegen waren schon kräftig am atmen. Ich wählte ein Tempo, welches ich über einen langen Zeitraum treten kann. Ich merkte, das die Beine gut waren. Am Berg habe ich mich dann in der Platzierung immer weiter nach vorn gearbeitet. Nur die blendende Sonne hat mir manchmal Probleme bereitet in dem dichten Pulk der Radfahrer(innen). Oben auf dem Kühtai gab es Verpflegung. Ich versorgte mich mit Bananen, Käsebroten und Getränken bevor ich mich in die lange Abfahrt nach Innsbruck stürzte. Die Sonne erwärmte die Umgebung enorm und so entledigte ich mich in Innsbruck noch einiger Kleidungsstücke. Bei der Fahrt in Richtung Brennerpass suchte ich mir eine passende Gruppe, die ein müheloses und doch schnelles Fahren ermöglichte. Ich fühlte mich jedenfalls bei der Verpflegung am Brennerpass noch recht ausgeruht.

Die Abfahrt in Richtung Jaufenpass verlief unspektakulär und so ging es über die Zeitmesseinrichtung hoch zum Jaufenpass. Dieser hat eine sehr gleichmäßige moderate Steigung. Im unteren Abschnitt fährt man noch in bewaldeter Umgebung. Aber oberhalb der Baumgrenze eröffnete sich ein herrliches Panorama auf die umliegenden Berge. Diese waren besonders gut sichtbar durch die Reinwaschung vom Vortag. Etwa einen Kilometer unterhalb des Passübergangs war die Verpflegung aufgebaut. Nach der Stärkung ging es die restlichen Höhenmeter hinauf und dann bergab auf teilweise recht schlechtem Straßenbelag nach St. Leonhard.

Hier erwartete uns Sonnenschein mit recht hohen Temperaturen von nahezu 30 Grad im Schatten. Ich fühlte mich immer noch gut beim Anstieg ins Timmelsjoch. Erst bei einer Höhe von 1300 m merkte ich, das es ab jetzt anstrengender wird. Der Körper hatte auf Fettverbrennung umgeschaltet und der Puls ging nicht mehr so hoch wie vorher. Aber ich war noch gut in der Zeit für mein gestecktes Ziel unter 12 Stunden zu bleiben. Auch vom Timmelsjoch hatte man eine grandiose Aussicht auf die umliegenden Berge und Gletscher.

Etwa 300 Höhenmeter vor dem Gipfel schaute ich noch mal auf die Uhr. Nach kurzer Rechnerei stellte ich fest, das ich heute den Radmarathon sogar noch unter 11 Stunden beenden könnte. Die letzten Kräfte wurden mobilisiert. Sogar in der anfangs recht kalten Abfahrt überbot ich meinen eigenen Geschwindigkeitsrekord und hatte 87 km/h auf dem Tacho. Das Ziel in Sölden kam immer näher und die Stoppuhr bewegte sich immer mehr in Richtung 11 Stunden. Aber zum Schluss war das Ziel doch noch in knapp 10:58 Stunden erreicht. Meine reine Fahrzeit lag knapp über 10 Stunden. Eine phantastische Stimmung erwartete mich im Ziel.

Nach der Dusche holte ich mir das begehrte Trikot ab, welches nur den “Finishern” ausgehändigt wird.

Am Abend gingen wir noch zur Siegerehrung, die Jan Ullrich vornehmen durfte, in die Freizeitarena. Dort gab es ein prima Abendessen auf den bei den Startunterlagen enthaltenen Gutschein. Die Sieger der verschiedenen Altersklassen wurden geehrt. Auch der letzte Teilnehmer, der das Ziel erreicht hatte, wurde auf die Bühne gebeten. Der schnellste Teilnehmer war in 7:06 Stunden im Ziel. Alle weiteren Ergebnisse und Informationen sind unter www.oetztaler-radmarathon.com nachzulesen.

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Am nächsten Tag war allgemeiner Abreisetag. Für uns sollte es noch weiter in den Süden gehen. Doch vorher konnte ich noch ein kurzes Gespräch mit Jan führen, der sehr locker und entspannt wirkte.


 

Hartmut

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