Da ich dieses Jahr (verglichen zum Vorjahr) wenig Zeit und Lust hatte, eine Tour ins Ausland zu unternehmen, fuhren mein Schulfreund und ich nach Amsterdam. Eine Tour gen Norden war für uns von Anfang an klar, da wir eher die frische Brise statt der brütenden Hitze bevorzugen. Für uns war es auch wichtig, direkt in Nürnberg zu starten, damit
so eine mühsame und kostspielige Anreise entfällt. Auf der Tour wurden wir von den tollen Landschaften im Rheintal, aber auch von dem ausgeklügelten Radwegenetz in Holland überrascht. Man könnte aufgrund der bewältigen Höhenmeter in Holland meinen, dass die Etappen dort eher entspannt waren, jedoch machte uns recht häufig Gegenwind und an zwei Tagen auch Regen zu schaffen.
Tag 1 Nürnberg Würzburg 123km/822Hm
Wir starten unsere Tour Richtung Würzburg erst einmal mit einem Umweg, da an diesem Wochenende das die Massen anziehende Musikfestival „Rock im Park“ am Dutzendteich stattfand. Auf dem Pegnitzradweg geht es nach Fürth weiter Richtung Neustadt.
Es ist mit über 30°C sehr warm, sodass wir uns auf die lange Abfahrt Richtung Main freuen.
Nach einer langen Abfahrt, erreichen wir das romantische Städtchen Markbreit und damit auch den Main. Durch die vielen verwinkelten Gassen mit vielen renovierten Fachwerkhäusern ein wirklich sehr schönes Dorf. Das sehenswerte Fachwerkhaus des Hotel Löwen gilt als das zweitälteste Gasthaus Bayerns.
Wir sind zu diesem Zeitpunkt froh den Main erreicht zu haben, denn es wurde zunehmend schwüler und es kündigten sich erste Hitzegewitter an. So fahren wir am vielbefahrenen Mainradweg bis nach Würzburg. Kaum angekommen, gibt es auch schon die ersten Tropfen und endlich den ersehnten erfrischenden Regenguss. Dieser war genauso schnell vorbei wie er gekommen ist, sodass wir den Abend gemütlich im Biergarten ausklingen lassen.
Tag 2 Würzburg Aschaffenburg 85km/1050Hm
Unsere Laune ist ein bisschen im Keller, als es am nächsten Morgen wie aus Eimern schüttet. Ein Blick aufs Regenradar verhieß nichts Gutes. Wir entschließen uns später dennoch loszufahren, da der Regen nach dem Frühstück doch nachgelassen hat.
Da es viel zu weit wäre den Mainschleifen zu folgen, nehmen wir die Hügel in Kauf und fahren auf direktem Weg nach Aschaffenburg. Am Wegesrand sitzt plötzlich ein Rudel Wildschweine. So ganz ohne Zaun wirkt der Blick der Muttersau nicht gerade vertrauenserweckend. Leider bessert sich das Wetter nicht wirklich: Es schauert zwischenzeitlich und wird auch zunehmend schwüler.
Bei der Frisur fragt man sich wie diese Büffel noch etwas sehen.
Ein Highlight an diesem Tag ist der Spessart. Es geht zwar 30km stetig bergauf, jedoch auf einer sehr schwach befahrenen Asphaltstraße. Da wir von Deutschlands größter zusammenhängender Waldfläche umgeben sind, war die Luft demensprechend gut und wir schnauften tief durch.
Dieses Häusergruppe trägt nicht umsonst den Namen „Einsiedel“: Weit und breit nur Wald.
So langsam besserte sich auch das Wetter: Die Sonne kommt raus. Nach einem letzten steilen Stück erreichen wir den höchsten Punkt auf unserer Tour mit 460müN, von wo aus es das letzte Stück bis nach Aschaffenburg nur noch bergab geht. Leider liegt unsere Unterkunft wieder auf einem Berg, daher haben wir verständlicherweise an dem Abend keine Lust mehr, in die Stadt zu fahren.
So machen wir am nächsten Morgen nochmal einen Schlenker durch die noch schlafende Altstadt von Aschaffenburg und machten ein Bild vom angeblich so bekannten Wasserschloss.
Tag 3 Aschaffenburg Mainz 77km/540Hm
Heute geht es vom Main zum Rhein.
Ein erstes Bild vom Rhein. Kurz vor Mainz überqueren wir auf einer Autobahnbrücke den Rhein. Auf der einen Seite donnern die Autos und LKW an einem vorbei, auf der anderen Seite sieht man den gigantischen Fluss mit vielen Container-, Erz- und Ölschiffen. Die restlichen 10km an diesem Tag fahren wir am Rhein entlang nach Mainz. Die Jugendherberge liegt, wie so oft, einige Meter höher.
Am Abend laufen wir noch ein bisschen durch die Altstadt von Mainz, die uns sehr gut gefällt. Es gibt zahlreiche lauschige Biergärten und leckere Eisdielen nur unweit entfernt von der Uferpromenade, auf der wir uns abends noch gesetzt und auf den Rhein geguckt haben.
Tag 4 Mainz Koblenz 115km/540Hm
An diesem Tag zeigte sich der Rhein von seiner schönsten Seite. Bei Sonnenschein und warmen Temperaturen fahren wir am Rheintal an der Lorelei vorbei nach Koblenz
Direkt nach Mainz müssen wir den Fluss überqueren um auf den Rheinradweg zu kommen. Leider wurde diese Autobahnbrücke, auf der auch der Radweg führte, zu diesem Zeitpunkt renoviert. Wir müssen also erstmal unsere Reiseräder 4 Stockwerke nach oben hieven.
Das Rheintal ist geprägt von Geschichte. Hier sehen wie die Überreste der Hindenburgbrücke (Klick). Die Hindenburgbrücke war eine Eisenbahnbrücke über den Rhein zwischen Rüdesheim am Rhein und Bingen-Kempten und wurde 1915 in Betrieb genommen. Die Brücke wurde im Zweiten Weltkrieg von der Wehrmacht zerstört, um das Vorrücken der amerikanischen Streitkräfte zu verhindern.
Ein Highlight an diesem Tag und auch auf unserer Reise, ist die Seilbahnfahrt in Rüdesheim. Tatsächlich können wir unsere Fahrräder mit in die Seilbahn nehmen. Das Gepäck muss allerdings mit der nächsten Gondel nachgeliefert werden. Die kleinen Gondeln schaukeln bei dem starken Wind recht ordentlich. Es ist aber Gott sei Dank trocken.
Von oben haben wir einen herrlichen Blick auf das Mittelrheintal, leider ist ein bisschen wolkenverhangen. Unmittelbar an der Bergstation befindet sich auch noch das Niederwalddenkmal.
Um das Geld für eine weitere Seilbahnfahrt zu sparen und gleichzeitig noch ein bisschen Spaß zu haben, fahren wir die Weinbergstraßen wieder zurück in die Ortschaft. Bei so viel Gepäck sollte man den verlängerten Bremsweg auf jeden Fall mit einberechnen, gerade wo die Kurven doch sehr eng sind.
Unten angekommen überqueren wir mit der Fähre den Rhein nach Bingen. Auf dem ehemaligen, noch gut erhaltenen, Landesgartenschaugelände machen wir gleichzeitig auch gleich Mittagspause.
Hier findet man hinter jedem Felsen eine Burg.
Im Rheintal gibt es auf beiden Seiten eine Bahntrasse. Der Radweg geht oft parallel zur Uferstraße, die an diesem Tag zum Glück sehr wenig befahren ist. Je nach Wetter und Ferienzeit sieht das vermutlich anders aus.
Und plötzlich stehen wir um Regen. Kaum sieht man die schwarze Wolke, schon regnet es. So geht es eigentlich den ganzen Tag, meist ist in 5-10 Minuten der blaue Himmel schon wieder zu sehen. Diese Schauer an dem Tag dauern jedoch ein bisschen länger.
Das Deutsche Eck.
Tag 5 Koblenz Köln 108km/630Hm
Kurz nach Köln wird das Land schon immer flacher……
….und die Schiffe größer….
…und der Fluss breiter.
Und schon sind wir in Köln angekommen. Ein typisches Bild von der Hohenzollernbrücke mit dem Kölner Dom im Hintergrund muss natürlich sein.
Was wohl schwerer ist: Der ICE oder all die Schlösser?
Kaum beschwert man sich über das Wetter erstrahlt der Kölner Dom in der Abendsonne. Maulen hilft immer. Ein traditionelles „Himmel und Ääd“ mit einem Kölsch am Rhein darf an diesem Abend als Belohnung für die Strapazen natürlich nicht fehlen.
Tag 6 Köln Duisburg 85km/500Hm
Die Kö in Düsseldorf und die Altstadt mit der längsten Theke der Welt
Über die Fahrradwege spricht man besser nicht, wenn man dieses Bild sieht. Die Allee aus Platanen finde ich jedoch schon sehenswert. Gerade in Duisburg findet man noch viele alte Alleen.
Am „Herz“ von Duisburg sind wir quasi vorbeigefahren. Unserer Jugendherberge ist im Norden im sogenannten „Landschaftspark“. Das ist eine angelegte Parkanlage die zu einem weiten Teil der Natur sich selbst überlassen ist. Damals als die Zeche stillgelegt worden war, war der Stahlpreis im Keller, sodass ein Abriss zu teuer gewesen wäre. Inzwischen sind viele Türme begehbar und abends toll beleuchtet. Ein Landschaftsarchitekt, der in diesem Projekt involviert ist, war zufälligerweise mit uns im gleichen Zimmer und konnte und viel über zukünftige Projekte, auch im Zusammenhang mit Radschnellwegen im Ruhrgebiet erzählen. Ein Mehrbettzimmer hat nicht nur Nachteile!
Tag 7 Duisburg Arnheim 108km/460Hm
Heute geht es über die Grenze auf nach Holland. Wir freuen uns sehr auf das flache Land mit weiter Sicht, haben die Rechnung allerdings ohne den Wind gemacht. Es gibt so gut wie keine höheren Hecken mehr, geschweige denn kleinere Waldstücke, die den Wind bremsen. Dadurch haben wir einerseits einen endlosen Blick, andererseits weht der Wind ungebremst von vorne, und das ohne Pause. Wir fahren teilweise auf gut ausgebauten Radwegen neben Straßen, welche 5-10km schnurgeradeaus führen. Da muss man schon aufpassen, dass einem die Motivation nicht verlässt, wenn man auf den ersten Metern einer solchen Straße auf 12km/h Top Speed abgebremst wird.
Im Hintergrund Emmerich am Rhein
Auf nach Holland. Und auf einmal gibt es Radwege.
Mit einer Fahrradfähre geht es mal wieder auf die andere Rheinseite. Toll, dass eine Fahrt unter einem Euro kostet. In den Niederlanden hat der Radverkehr einen ganz anderen Stellenwert als bei uns.
Die letzten 10km nach Arnheim fahren wir auf einem aus rotem Asphalt gebauten Radschnellweg. Hoffentlich kommen solche Wege in absehbarer Zeit auch in Deutschland und werden Standard. Es ist einfach ein tolles Gefühl, wenn man als Fahrradfahrer nicht von Fußgängern auf die Fahrbahn und von den Autos auf den Gehweg geschubst wird.
Jugendherbergen kosten in Deutschland zwischen 45€ und 55€ (zu zweit). An diesem Abend haben wir für ungefähr den gleichen Betrag, ein B&B gebucht, welches uns positiv überrascht. Das Haus liegt zentrumnah und der Vermieter kann fließend Deutsch. Aus dem Fenster unseres geräumigen Zimmers haben wir einen schönen Blick auf den kleinen Hinterhofgarten mit großer Terrasse. Leider wirkt die Innenstadt Arnheims ein bisschen ausgestorben. (Das ist wahrscheinlich dem Wochentag geschuldet). Viele Restaurants haben geschlossen, sodass unser Abendessen aus einem Crêpe vom Bahnhofsvorplatz besteht. Wir werden satt und haben gleichzeitig Geld gespart.
Tag 8 Arnheim Enkhuizen 115km/540Hm
Es ist der vorletzte Tag und wir freuen uns schon auf Enkhuizen am Ijsslmeer. Gegen kurz nach 9 Uhr fahren wir gemütlich los. Immer mit der Aussicht, dass heute die letzte große Etappe der Reise ist. Die ersten Kilometer führen durch Wald (ja, den gibt es in auch Holland), in dem es am Morgen noch relativ frisch ist.
So gut wie jede Landstraße hat einen farblich gekennzeichneten Radstreifen. Das bewirkt, dass Autofahrer mit deutlich mehr Abstand überholen. Bei solchen Straßenverhältnissen wünsche ich mir jedoch insgeheim mein Rennrad, auf dem man doch wesentlich windschnittiger hockt. Der Wunsch kommt wahrscheinlich auf, weil wir mitten auf dem Track eines RTFs fahren. So kommt uns von Zeit zu Zeit eine Horde Rennradler entgegen bzw. überholen uns.
Bis jetzt hat es an jedem Tag geregnet, an dem ich mein Irlandtrikot anhatte. Heute stellt sich heraus, dass diese Regel gebrochen wird.
Ein sehr gerader Radweg. Bergab.
Mitten auf einer Moorwiese, auf der Gott sei Dank zufällig eine Bank steht, machen wir unsere Mittagspause. Es ist wirklich schön, jeden Tag einen anderen Ausblick beim Essen zu haben.
Der kreuzungsfreie Ausbau des von einem Franken beradelten Schnellweges. Keine Baustelle, sondern Realität!
Die letzten 25km an diesem Tag gingen am Damm entlang mitten durchs Meer. Wir befürchteten das uns der Wind wieder das Leben schwer machen wird, aber es kam anders: stechende Sonne aus einem Winkel (man fährt ja nur gerade aus) und dazu eine Wand voller kleiner Mücken. Man sollte tunlichst vermeiden durch den Mund zu atmen (vor allem die Vegetarier). Sonnencreme ist auch ungünstig, da sonst all die kleinen Tierchen an den Armen kleben.
Unser B&B an diesem Tag ist wieder toll gelegen: Direkt an einer Gracht, an der nach Feierabend viele noch eine Runde mit dem Boot drehen.
Ein Fischessen ist an so einem Abend natürlich Pflicht, gerade in einem Fischerdorf.
Tag 9 Enkhuizen Amsterdam 56km/180Hm
Da die Etappe am letzten Tag recht kurz ist, beschließen wir ein bisschen später wie sonst loszufahren und genießen das Frühstück an der Gracht. Die ersten 30km führen uns am Deich entlang. Dieses mal ohne Wind bei strahlendem Himmel. Kleiner Tipp: Old Amsterdam Käse wird in Amsterdam teilweise zu Goldpreisen gehandelt. Wir bekommen in Enkhuizen ein Pfund für die Hälfte des Preises, den wir in Amsterdam bezahlt hätten.
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Als wir gerade den Platz überqueren wollen, fallen einem älteren Herren (vermutlich Schriftsteller) rund 500 handbeschriebene Blätter auf den Boden. Der Wind verteilt sie natürlich sofort. Gemeinsam mit ein paar anderen Helfern sammeln wir jedoch alle Blätter recht schnell wieder auf. Jetzt müssen sie nur noch sortiert werden ;) .
Das wir auf den letzten Metern sind, sehen wir immer wieder an den vorbeifahrenden Bussen die Aufschrift mit dem Ziel: „AMSTERDAM“
Da durch Amsterdam ein breiter Fluss führt, gibt es für die Radler und Fußgänger extra Fähren. Auf Displays wird mit Sekundencountdown angezeigt, wann das nächste Schiff fährt. Alle Fähren sind kostenlos und durch die Kurtaxe bei Touristen abgedeckt.
Unsere Beine sind nach 9 Tagen ein bisschen erschöpft, sodass wir ein bisschen langsamer in die Pedale treten. Doch kaum fährt man in Amsterdam ein bisschen langsamer als ca. 20km/h, wird man gnadenlos überholt. Es ist trotzdem ein tolles Gefühl, durch eine Stadt mit Fahrradverkehr zu radeln. Wenn man einmal mit dem Fluss mitschwimmt, kommt man schneller von A nach B als mit allen anderen Verkehrsmitteln.
So etwas sieht man in hier sehr häufig. Es gibt einfach zu viele Fahrräder. Genauso wie es bei uns mit den Autos ist, fehlt hier in Amsterdam die Kapazität an Parkplätzen für Fahrräder, weshalb ein Fahrradparkhaus über der Gracht errichtet wurde. Kostenlos, so gut wie voll belegt. Neben diesen Parkhäusern gibt es einzelne Boote bzw. Pontons, auf denen man sein Rad anschließen kann. Trotz alle dem sieht man in Amsterdam vor allem die typischen Hollandräder (mal mit mehr Rost, mal mit weniger), sodass wir mit unseren Tourenrädern doch ein bisschen auffallen.
Und immer schön weit den Mund aufmachen.
Ein Boot mit Dachbegrünung: Urban Green, bzw. städteplanerische Grünkonzepte spielen auch in der ausschließlich aus Grachten bestehenden Stadt eine große Rolle. Neben solchen Projekten war ich von der hohen Zahl an Elektroautos überrascht. Neben den Streetscootern von der Post und den Tesla-Taxis fahren selbst 7.5t-LKWs elektrisch. In fast jeder Straße gibt es eine Doppelladestation, welche alle besetzt sind und nicht, wie noch in Deutschland, nur unbenutzt dastehen.
Nach dem zweiten Tag Stadtbesichtigung setzen wir uns abends in den Flixbus nach Nürnberg. Trotz einer Nachtfahrt war der Bus recht voll. Man sollte, gerade bei Nachtfahrten, sein Radl mit einem Schloss an dem Gepäckträger anschließen. Wir standen manchmal bis zu 20min an einem ZOB, welche nachts nicht immer die gemütlichsten Orte sind. Pünktlich um vier Uhr kommen wir in Nürnberg an und radeln die restlichen Kilometer nach Hause. Mit aufgehender Sonne über dem Dutzendteich geht eine tolle Reise zu Ende!
Daniel
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