Aufgrund von COVID19 wollte ich keinen Urlaub mehr buchen. Stattdessen bin ich Anfang September spontan zu Freunden (Friedensfahrt) ins Piemonte gefahren. Diesmal mit den Auto, was alles andere als klimaneutral ist, aber dafür einen die Sicherheit gibt, dass man im Fall der Fälle wieder leichter nach Hause kommt. Als großer Vorteil erwies sich das Auto, da nun der Weinkeller wieder aufgefüllt ist und allerlei Spezialitäten aus den Piemonte den Weg nach Franken fanden. Doch jetzt geht es, erstmal um meine Radl-Touren.
In diesen Bericht sind folgende Touren beschrieben, welche NICHT den zeitlichen Ablauf entsprechen
- Radtour währender einer Pause in der Anreise. Es ging um den Säntis / Schweiz in der Nähe vom Bodensee.
- Tour durch die Po-Ebene zum Lago Viverone
- 2 Radtouren durch das Monferrato - eine Hügellandschaft östlich von Turin
- 2-Tages-Tour ins Aosta-Tal und Col San Carlo und zurück über den kleinen St.Bernhard, Iseran und Mt. Cenis
- 3-Tages-Tour an die Ligurische Küste
Kurzer Ausflug bei der Anreise oder Rund um den Säntis (CH) 100km / 1915hm
Früh am Morgen bin ich mit den Auto losgefahren. Der Verkehr lief gut und schon bald erreichte ich das Rheintal in der Schweiz. Stahlblauer Himmel und Sonnenschein. Bilderbuch-Schweiz. Also bleibe ich stehen und packe mein Radl aus und starte um eine Radtour um den Säntis. Der erste hohe Berg nach den Bodensee. Anfangs geht es noch flach durch das Rheintal, dann geht es aufwärts. Zunächst kommt Appenzell mit seiner Käse-Folklore. Dann geht es weiter in Richtung Säntis. Bald verlasse ich die Hauptstraße und bieg in eine kleine Nebenstraße ein und habe bald Natur pur.
Nach kurzen Abfahrt und Anstieg erreiche ich den Schwägalp - Pass. Mit 1300m wirklich keiner der großen Alpenpässe, aber die Höhendifferenz aus den Rheintal ist auch nicht ganz ohne.
Bei St. Johann hat man die Wahl zwischen der Hauptstraße mit entsprechenden Verkehr oder Nebenstraße mit zusätzlichen Höhenmetern, dafür quasi Autofrei. Dazu gibt es Wahnsinns-Aussichten auf den nächsten Gebirgskamm (mit Gipfel Hinterrugg - gleich dahinter kommt Amden, das ich im Jahr 2015 überquer habe (siehe Tourbericht).
Gegen 15 Uhr bin ich wieder am Auto. Nun heißt es sich sputen, damit ich noch ans Ziel komme. Natürlich ist mal wieder Stau rund um Lugano und Chiasso. Dafür geht es ruckzuck rund um Mailand. An der letzten Mautstelle will mich der Kollege an der Mautstation um 4 EUR prellen. Doch aufgemerkt und nach ein paar deftigen Worten bekomme ich doch noch mein Wechselgeld zurück. In Zukunft bezahle ich dann nur noch passend oder mit Kreditkarte. Pünktlich zum Abendessen trudel ich dann bei meinen Freund Carmelo in Brandizzo ein.
Route:
Colle del Nivolet (203 km / 2821m)
Erster Tag im Piemonte. Die Beine sind noch ausgeruht - das Wetter traumhaft, nicht eine Wolke am Himmel. Selbst im Gebirge soll es wolkenfrei bleiben. Solche Tage gibt es nicht viele (it.: un giorno unico). So ist ziemlich schnell klar, wo die erste Tour hingeht. Hoch auf den Colle del Nivolet im Nationalpark Gran Paradiso. Hin & zurück sollen es 180km und ca. 3000hm werden. Am Colle del Nivolet ist nur die Südauffahrt asphaltiert. Im Norden müsste man einige km zu Fuß zurücklegen, was meinen Freund Carmelo nicht zuzumuten ist.
So fahren wir los von seinen Wohnort Brandizzo - ca. 10km nordöstlich von Torino. Anfangs geht es flach durch die Po-Ebene. Na ja, beinahe flach. Unmerklich gewinnt man auch in der Poebene einige Höhenmeter. Schaut man sich das Höhenprofil an, dann sieht man quasi eine Gauss-Kurve.
Carmelo kennt die Gegend in- und auswendig, so dass wir meist auf kleinen Nebenstraßen uns den Bergen nähern.
Ab Cuorgne gibt es nur noch die Hauptstraße und viel rosa. In jeden Ort stehen noch Schilder, rosa Räder und andere Überreste, die an den Giro 2019 erinnern. Wenn man auf Straßen fährt, wo vor kurzen der Giro stattfand, dann kann man sich über guten Straßenbelag freuen.
Darüber hinaus werden für den Giro auch Straßen ausgebaut. Musste man einst, den kilometerlangen Tunnel für die Auf- und Abfahrt nehmen, so ist seit 2019 das kleine Sträßchen durch die Schlucht asphaltiert. Schranken sperren selbst nervige Motorrad-Fahrer aus, so dass man die klare Bergluft genießen kann.
Bald erreichen wir den Lago di Ceresole; den ersten von drei Stauseen auf der Auffahrt. Wir nehmen für die Auffahrt die Westseite und sind damit wieder unter uns.
Dann kommt eine nicht enden wollende Kehrengruppe hoch zum Lago Serru, wo einst das Ziel der 13. Etappe vom Giro 2019 war.
Wir überwinden einen kurzen Kamm und kommen zum dritten Stausee. Die Straße führt über die Staumauer und dann kommt der letzte Aufstieg hoch zum Pass.
In den Alpen gibt es nicht allzuviele Pässe, die über 2600m sind. Der Colle del Nivolet ist einer davon. Trotz der Höhe ist es immer noch angenehm warm.
Das Panorama ist grandios. In der Ferne kann man den Gran Paradiso sehen (nicht auf den Bild). Doch nun heißt es umkehren.
Viele Höhenmeter kann man nun hinuntersausen. Doch aus der Po-Ebene bläst eine stetige steife Brise hoch in die Berge. Bald lässt die Steigung nach und wir dürfen kräftig gegen den Wind anstrampeln. Dann geht es zum Ausklang wieder durch die Po-Ebene bis wir wieder in Brandizzo sind.
Route:
Touren rund um Torino
Lago Viverone (102 km / 650m)
Nach den Aufstieg zum Nivolet war ein Ruhetag geplant. Kurz & flach soll es werden. Einfach nur die Beine ausschütteln. Anfangs gleiten wir durch die Po-Ebene. Immer auf kleine Nebenstraßen ohne Verkehr. Sogar eine Fahrrad-Straße gibt es hier zwischen zwei Ortschaften. Unser Ziel ist der Lago Viverone, wo wir zu Mittag uns einen Schoppen Wein und Pasta gönnen.
Auf den Weg zurück geht es durch den Obstgarten von Carmelo. Seine Äpfel schmecken wirklich vorzüglich.
Auf den Heimweg kommen wir dann auf einen alten Gutshof vorbei.
Der erste Ruhetag hatte 100km und 600hm. Wie gesagt kurz & flach ... ein Ruhetag auf italienisch.
Route:
Ausfahrt zur Weltmeister Pasticceria und Don Boscos Geburtstort (93 km / 1034m)
Wieder ein Ruhetag (diesmal nach der Aosta-Tal - Tour). Diesmal lassen wir es wirklich entspannt angehen. Schon nach 18km machen wir den ersten Stopp bei einer Pasticceria / Konditorei, die die Weltmeisterschaft der Kuchen / Torten gewonnen hat. Der Stopp hat sich wirklich gelohnt. Sowohl für das Auge als auch für den Bauch.
Nähere Infos sind zu finden auf: https://fabriziogalla.it/pasticceria
Die Häppchen war gleich wieder verbrannt, denn es ging durch die Hügel von Monferrato. Unser Tagesziel ist die Santuario di Don Bosco. Jeder kennt Don Bosco, doch habe ich nicht gewusst, dass er in Turin tätig war und im Piemonte geboren ist.
Diesmal hat der Ruhetag "nur" 90km und nicht einmal 1000hm.
Route:
Durchs Monferrato und Langhe (158 km / 1458m)
Diesmal geht es wieder durch das Hügelland östlich von Turin. Wieder hauptsächlich über kleine verwunschene Sträßchen.
Besonders gefreut hat mich, dass heute Artemio - ein weiterer Freund aus der Friedensfahrt - uns begleitet.
Bald kommen wir durch die Weinberge und zahlreiche Traktoren beladen mit Weintrauben kreuzen unseren Weg.
Teilweise tropft der Traubensaft auf die Straße, so voll sind die Anhäger.
Unsere Route führt uns durch das Hügelland. Stets geht es rauf und runter. Die Ausblicke sind gratis dabei.
In Castellinado d'Alba gibt es einen Balkon mit herrlichen Ausblick über die Weinberge.
Artemio, Carmelo und Roland (von rechts nach links)
Hier noch ein paar Eindrück aus den Monferrato
Bei Cisterna ist ein großes Herz in den Hügel gemalt.
In Cisterna sind wir dann auch eingekehrt zum Mittagessen (pranzo). Natürlich gab es Wein und Past. Den Hauptgang haben wir ausgelassen und sind gleich zum Dolce übergegangen. Selten so gut gegessen wir hier.
Kirche von Cisterna.
Auf den Rückweg hat Carmelo kontrolliert, ob die Feigen am Baum schon reif sind. Der Patrone vom Feld war auch da und meinte wir können so viel essen wir wollen, was wir auch getan haben. Frische Feigen sind einfach ein Gedicht.
Route:
Hoch zur Wallfahrtskirche Superga (64 km / 881m)
Auf den Weg nach Turin fällt einem immer die Kuppe der Wallfahrtskirche Superga auf. Hoch oben auf den Hügel thront die Kirche über Turin. Sie soll heute unser Ziel sein. Zunächst treffen wir noch einen weitern Freund Salvatore in Turin, bevor wir uns über Nebenstrecken nach oben schrauben.
Bald erreichen wir die Kammstraße. Über mehrere Kilometer führt sie in Stadtnähe durch einen dichten Wald - Autos dürfen nur 30 km/h fahren und Motorräder gar nicht. Dann lichtet sich der Wald - kurze Abfahrt und Anstieg und schon sind wir da.
Von hier oben hat man einen phantastischen Ausblick über die Stadt mit den Wahrzeichen Antonelliana und den Boulevard "Corso Francia", der in das Val del Susa führt. Leider war heute der Tag etwas trüb. An klaren Wintertagen kann man die schneebedeckten Alpen Gipfel sehen.
Im Jahr 1949 stürzte an der Superga ein Flugzeug mit der nahezu kompletten Fußballmannschaft ab. Damals stand das öffentliche Leben in Turin für einen Tag still und noch heute wird den Opfern immer noch gedacht.
Hier noch eine feines Detail am Straßenrand. Öffentliche Wasserhähne / Brunnen gibt es in Italien überall (echt super für uns Radler). Doch in Turin sind diese in der Form eines Stieres (it. toro) ausgebildet. Der Stier steht für die Stadt - ist offizielles Wappentier der City und vom Fußballklub FC Torino (nicht zu verwechseln mit Juventus!).
Route:
Valle d'Aosta
Hinfahrt durch das Aosta-Tal nach La Thiuile ( 185km / 2705m)
Heute treffen wir uns mit Pasquale, um zu einer Zwei-Tages-Tour aufzubrechen. Pasquale möchte Cumiana - Cumiana fahren. Eigentlich geht die Route im Uhrzweigersinn über Mt. Cenis / Iseran / kleiner St.Bernhard und über das Aosta-Tal zurück. Doch wir beschließen die Tour in entgegengesetzer Richtung zu fahren. Somit geht es zuerst in das Aosta-Tal. Oft über kleine verkehrsarme Nebenstraßen, ab und an, wenn es keine Alternative gibt über die Hauptstraße. Im Aosta-Tal erinnern die Säulen der Weinberge an antike Tempel. Bacchus wird es freuen.
Am Ende vom Aosta-Tal erblickt man den großen weißen Berg. Monte Bianco oder auch Mont Blanc genannt. Leider hüllt er sich heute in Wolken.
Unseren Übernachtungsort La Thuile erreicht man entweder über die Hauptstraße mit einigen Tunnels und Galerien oder über einen kleinen quasi unbekannten Pass namens Colle San Carlo. Der Pass bedeutet nur 500hm mehr, so nehmen wir ruhige Straße.
Doch das Ding hat es in sich. Zwar hat er nur etwas über 10km, aber auch über 1000hm. Da braucht man nicht lange rechnen, um auf eine Durchschnittssteigung von 10% zu kommen. Der Berg ist auch für ein Zeitfahren gemacht. Jeden Kilometer taucht ein Schild auf, dass über die nächste Steigung informiert.
Vom Ausblick auf den Mont Blanc ist der Pass ein absoluter Reinfall, da er meist im Wald verläuft. Da hätten wir unsere Wandschuhe auspacken müssen, um gar auf den Gipfel zu kommen. Doch es war auch schon spät, so dass wir mit den letzten Sonnenstrahlen nach La Thuile abfahren.
Über unsere Herberge schweigen wir uns lieber aus. Das Gebäude war soweit in Ordnung, doch der Empfang eisig. Kaum zu glauben, dass es so etwas in Italien gibt.
Route:
Rückfahrt über die Pässe ins Val di Susa (180km / 3323m)
Der nächste Morgen ist frisch. Nicht verwunderlich, den immerhin liegt La Thuile auf 1450m - höher als der Brenner. Die Sonne versteckt sich noch hinter den Bergen und im Schatten ist es echt kühl. So kühl, dass Carmelo seine COVID - Maske zum Wärmen der Atemluft anzieht.
Zum Glück geht es gleich den kleinen Sankt Bernhard hoch. Ohne Fahrtwind und gleichmäßigen Treten wird es uns schnell warm. Der Verkehr ist am frühen Morgen noch sehr spärlich, so dass wir die Bergstille genießen können.
Bald fahren wir aus den schattigen Tal und die Sonne wärmt weiter auf.
Immer wieder spitzt der Mont Blanc zwischen den anderen Gipfeln durch.
Nach kurzer Zeit ist dann auch schon der erste von heute drei Pässen erreicht. Der piccolo San Bernado. Noch freuen wir uns in der Sonne, ...
... doch die Temperaturen sind alles anderes als sommerlich: +5°C. Bei klarer Luft einigermaßen auszuhalten.
Wir ziehen so ziemlich alles an, was wir haben, damit wir bei der folgenden Abfahrt nicht einfrieren. Sogar der Regenschutz der Taschen wird als Mütze umfunktioniert. Nun verlassen wir Italien mit einen letzten Blick auf den Monte Bianco.
Doch auf der französischen Seite ziehen die Wolken hoch. Wir fahren durch dichten Nebel. Die Aussicht ist gleich null - unter null ist die gefühlte Temperatur. Leider liegen unsere wärmenden Handschuhe daheim im Schrank.
Doch zum Glück durchstoßen wir bald die Wolkendecke und darunter wird es spürbar wärmer. Wenn sich jemand fragt, warum auf Frankreichs (Pass-)Straßen so wenig Steine liegt, dann ist hier die Antwort. Uns kam eine Kehrmaschine entgegen, die tatsächlich die komplette Landstraße gesäubert hat. Für uns Radfahrer echt praktisch.
Noch besser sind die Hinweis-Schilder, dass beim Überholen der Mindestabstand von 1.5m einzuhalten ist. Tatsächlich halten sich auch die Autofahrer daran und bremsen lieber ab, als ganz knapp zu überholen. Insgesamt fand ich das Radeln in Italien sehr entspannt. Zwar wird man täglich zigmal angehupt, aber dies ist eher als "Vorsicht, ich überhole Dich gleich" zu interpretieren. (genauso handhabe ich dies, wenn Fußgänger auf den Fuß-/Radweg sind, damit diese nicht plötzlich einen Seitschritt machen). In Italien sind leider mittlerweile die Straßen oft so schlecht, dass man entweder mitten in der Fahrspur oder äußerst rechts fährt. Nach der Woche habe ich gelernt, dass man auf einen 10-15cm breiten Streifen problemlos fahren kann. (soweit man mittags nicht zu viel Wein erwischt hat :-).
Die Straße hoch nach Iseran ist berüchtigt. Da gibt es mehrere Tunnel, die einst unbeleuchtet, eng, lang und stark befahren sind. Den ersten Tunnel kann man über einen Abstecher über Tignes noch ausweichen, doch dann muss man durch. Inzwischen werden die Tunnel ausgebaut und verbreitert. Als wird dort ankamen, war dort eine Baustelle mit einspurigen Verkehr. Über Funk wurde der Verkehr wechselseitig freigegeben. Bei "Grün" fuhren zuerst die Mopeds, dann die normalen Autos und zum Schluss wir Radler. Diese hatte den Vorteil, dass wir keinerlei Lärm hatten und so problemlos durch die schrecklichen Tunnel kamen.
In Val d'Isere rasteten wir kurz und dann ging es mit merklich weniger Verkehr weiter. Das Wetter zog sich zu. Eine Wolkendecke verhüllte den Himmel. Gleichzeitig blies ein kalter Wind uns ins Gesicht. Zum Glück ist der vorhergesagte schwache Regen ausgeblieben. Den gesamten Tag (sogar den gesamten Urlaub) sollten wir nicht nass werden.
Gut in Erinnerung habe ich Val d'Isere als ich mit der Friedensfahrt 2009 den Pass in umgekehrter Richtung bezwang. Damals wütete ein heftiges Gewitter, dass uns so ziemlich gut einweichte.
Wieder gibt es die Kilometersteine, die über die aktuelle Höhe und kommende Steigung informiert. Der Iseran ist die höchste asphaltierte Straße, die echt über einen Pass führt. Beim Col de la Bonnette führt eine künstliche Schleife ja absichtlich weiter nach oben, um höher zu werden.
Blick zu zurück nach Val d'Isere und den Stausee.
Weiter oben wir die Kulisse immer steiniger. Die Baumgrenze ist ja schon weit überschritten und man fragt sich schon warum man durch diese Steinwüste fährt.
Die Passhöhe ist bald in Sicht. Nur noch ein paar Kehren und wir sind oben.
Ein Gipfelfoto ist natürlich obligatorisch. Nur die Unsitte mit den Aufklebern habe ich noch nie verstanden.
Gegen den Wind geht es ins Tal hinab. Bald kommt die Sonne wieder heraus und wir können uns aufwärmen, bevor wir den letzten Pass Mt. Cenis hinauffahren.
Der Mont Cenis 2083m ist geschichtlich ein interessanter Pass. Wer hier schon alles rüberkam, sieht man im folgenden Bild (leider sind die Elefanten etwas unscharf).
Einst zog Hannibal im 2.punischen Kriege mit seinen Elefanten gen römisches Reich und nutze dabei den Mt. Cenis.
Jahrhunderte später sollte Napoleon aus Elba fliehen und überschritt ebenfalls diesen Pass auf den Weg nach Paris.
Danach sind Radfahrer abgebildet. Giro d'Italie oder Tour de France. Nein ich tippe auf unsere Friedensfahrt im Jahr 2009.
Auf den Mt. Cenis wieder das gleiche Spiel mit den Wolken, Nebel und Gegenwind. Murren hilft nicht, also Zähne zusammenbeißen und treten. Der Mt. Cenis ist ein gewöhnunsbedürftiger Pass, da es über den Kamm mit mehreren Buckeln geht. Erst nach den dritten Schweinrücken kommt man zur langen Abfahrt nach Susa. Hier war die Straße echt perfekt. Guter Asphalt und nicht so steil - so konnte man das Radl einfach laufen lassen.
In Susa wollten wir eigentlich übernachten, doch alle Hotels waren ausgebucht. Das gleiche Spiel in den folgenden Ortschaften. Irgendein Kongress saugt alle Kapazitäten auf. So sehen ich das Kloster St. Michele in der Dämmerung versinken. Wir suchten den nächsten Bahnhof auf und nehmen den Zug zurück. Das Zu- und Umsteigen klappt perfekt. Nirgends warten wir mehr als 5 Minuten.
Route:
Fahrt zum Meer:
Anreise Cumiana-Albenga (212km / 2022m)
Eine Woche später radeln wir wieder zusammen. Diesmal treffen wir uns in Cumiana und fahren am zentralen Stadtplatz los.
Den Tag hat es zuvor kräftig geregnet (=ideal für einen Ruhetag) und so war die Luft total klar. In der Ferne konnte man den markanten Monte Viso (3841m) sehen, der sich sonst oft im Dunst versteckt. Die ersten 50km radeln wir flach durch die Po-Ebene durch weite Felder und immer wieder kleine Ortschaften.
In Carmagnola ist Markt. Unsere Route führt über den Platz. Wie so üblich, radeln meine zwei Spezl zwischen den Ständen durch. Uuups, da steht eine Polizistin und pfeift sie vom Rad. Gibt es einen Strafzettel wie bei uns? Von wegen, freundlich fragt sie wo wir hinwollen und erklärt uns ausführlich den Weg. Italien - mein Land zum Radeln. Mi amo.
Dann kommen wir langsam in das Hügelland der Langhe. Die Landschaft wird reizvoller. Dann wollen wir uns noch Alba anschauen, doch da ist auch Markt und der ist gestopft voll. Teilweise schieben wir durch und dann durchqueren wir langsam die Stadt über Nebenstraßen.
Nun kommen wir ins Kerngebiet der Langhe - das bekannte Barolo lassen wir diesmal links liegen und nehmen zur Abwechslung ein anderes Tal, das ebenso schön ist.
Dann geht es kurz noch einmal hinab nach Milesimo, um dann ein letztes Mal anzusteigen und dann sind wir mitten in den Ligurischen Gebirgskamm. Noch einmal um die Kurve und dann sehen wir wie die Berge langsam in das Meer abflachen. Leider ist es zu trüb, dass man es sehen kann.
Auf der langen Abfahrt kommen wir noch an einer Festung vorbei, die den Talzugang bewacht.
Am Meer beziehen wir unser Quartier und ziehen uns sofort um und springen ins Meer. Leider ist es schon spät am Nachmittag und die Sonne verschwand so ziemlich genau um 18 Uhr hinter den Hügel. Dann wurde es gleich spürbar kühler. Nun hatte es nicht mehr über +30°C, sondern nur noch 25-27°C. Für den Abend habe ich mir einen Pulli mitgenommen. Doch es kühlte gar nicht weiter ab, so fuhr ich ihn nur 400km spazieren.
Abends auf den Weg zum Restaurant mit Meerblick.
Route: Cumiana – Alba – Manera - C.Scraviore – Albenga
https://www.openrunner.com/r/11951723
Ligurische Küste - Passo della Teglia (133km / 2026m)
Heute ist Sonntag - somit finden sich auf der Küstenstraße zahlreiche Rennrad-Fahrer in Gruppen ein. Gefühlsmäßig waren mehr Radler als Autos unterwegs. Zeitgleich findet auch ein AUDAX Randonneur, sowie eine andere Radsport-Veranstaltung statt. In Kürze sind wir also nicht mehr allein sondern radeln im Pulk die Küste entlang. Die Autos schön geduldig hinter uns, denn die Straße ist meist zu kurvig, um gefahrlos überholen zu können.
Doch bald verlassen wir die Gruppe, die in die Berge abbiegt. Wir fahren stattdessen am Morgen noch den bekannten Radweg an der ligurischen Küste zwischen San Remo und San Lorenzo al Mare. Der Radweg läuft auf einer ehemaligen Bahntrasse und führt sogar durch einige Tunnels. Am Morgen ist der Radweg noch zu gut zu fahren, doch am Sonntag-Nachmittag ist er nicht ungefährlich. Viele Fußgänger, Radler, Jogger und Inliner teilen sich den schmalen Weg. Da ist es fast entspannter an der Straße zu fahren (wo sich der Verkehr vor jeder Ortschaft staut, was auch keinen Spaß macht).
Aus diesen Grund biegen wir dann in die Hügel ab. Wir steigen bei Meereshöhe in die Steigung ein. Anfangs radeln wir noch einen Fluss durch eine Schlucht entlang, doch dann geht es richtig hoch. Am Brunnen in Andagna zapfen wir Wasser am Brunnen, die letzten Kilometer hatten eine Steigung von 10% in der knalligen Sonne. Als Aufmunterung kommt dann noch eine Dame vorbei und beglückwunscht uns noch. Nebenbei meint sie, dass der eigentliche Anstieg hoch zum Passo della Teglia (1387m) doch erst beginnt .... Mehr Motivation gibt es nicht.
Danach geht es auf spürbar schlechter werdender Straße weiter hoch. Doch so schlimm war es dann doch nicht. Immerhin waren wir ja schon auf ca.700m. Die Aussicht ist grandiös. Un spettacolo. Wie im Kino zieht die Landschaft vorbei.
Weitere Wasserstellen gab es auf den Weg nach oben nicht, dafür aber zahlreiche Brombeer-Sträucher, die nur auf uns gewartet zu haben.
Schließlich kommt die letzte Kehre und wir sind oben. Selbst auf dieser Höhe spüren wir die Hitze, die in der Ebene weit über 30°C liegt.
Zum Abschluss geht es dann immer leicht bergab bis zu unseren Quartier zurück.
Anbei die Route, die wir wegen des Radweges in umgekehrter Richtung fuhren.
https://www.openrunner.com/r/11951786
Rückfahrt Albenga - Cumiana (210 km / 2131m)
Der letzte Sonnenaufgang am Meer, bevor wir wieder abreisen. Der Kurztrip ans Meer ist vorüber.
Auf den Weg zurück heißt es zunächst wieder den Gebirgszug zu überqueren. Anfangs fahren wir durch das fruchtbar Tal bei Albenga. Links und rechts sind Plantagen für Lavendel und vor allem Basilikum. Dementsprechend gut riecht es auch über einge Kilometer hinweg. Der Duft wird durch keine Autoabgase verwässert, da wir auf einer Nebenstraße allein sind. Dann geht es wieder den ersten Anstieg hoch nach Aquila und über eine winzige asphaltierte Straße hoch ins Örtchen Caprauna. Am Dorfplatz steht ein Korb mit Steinpilzen (it.: porcini) zum Trocknen in der Sonne.
Nun ist es nicht mehr weit zum Gebirgskamm und den Pass, der genauso heißt wie das Örtchen: Caprauna = eine Ziege. Mit 1375m einer der höchsten Übergänge der Gebirgskette.
Fast alpin schauen hier die Berge aus. Immerhin sind die Gipfel unter den Wolken über 2600m hoch.
Dann folgen wir den Fluss Tanaro bergab. Der Tanaro fließt zunächst nach Alba, weiter nach Asti und kurz hinter Alessandria in den Po. Wir drücken kräftig in die Pedale, denn wir wollen nicht zu spät zum Mittagessen kommen. In Bagnasco haben wir einen Tisch in einer Trattoria reserviert, wo wir wirklich gut & günstig essen. Die Trattoria "Nazionale" ist wirklich zu empfehlen.
Der Weg führt uns weiter über Ceva, aber nicht wie sonst über Mondovi. Stattdessen folgen wir den Fluss Tanaro weiter. Wenig Verkehr, kleine Straßen und ein giftiger Gegenanstieg mit gefühlten 15% Steigung, ein für Radfahrer gesperrter Tunnel dessen Umfahrungs-Straße wegen Erdrutsch ebenfalls gesperrt ist. So kommen wir nach Carru, wo im November / Dezember die besten Stiere aus ganz Piemont prämiert werden.
Ab jetzt geht es nur noch flach weiter. Die direkte Linie geht über Hauptstraßen, aber wir nehmen die Zick-Zack-Landwirtschaftswege. Das bedeutet mehr Kilometer, aber auch entspannteres Radeln.
Ab Moretta gibt es den bekannten Radweg auf der Bahnstrecke. Wenn der Bahnradweg eine Straße kreuzt, weisen die Schilder darauf hin, dass die Radfahrer Vorfahrt gewähren lassen müssen. Doch jedesmal blieben die Autos stehen und ließen uns freiwillig passieren. Das möchte ich auch einmal in Deutschland erleben.
Zum Schluss zeigt uns Pasquale noch ein paar Wirtschaftswege, die uns fast bis nach Cumiana bringen. Schon von weiten erkennt man die markanten Hügel von Piossasco. Trotz etlicher Pausen und Mittagessen sind wir schon kurz nach 18 Uhr am Ziel, wo wir ein letztes Mal gemeinsam zu Abend essen.
65 Albenga – Caprauna – Cumiana
https://www.openrunner.com/r/11951733
Irgendwann ist nach 1638km / 20966m auch der schönste Urlaub vorüber. Eine tolle Zeit in schöner Landschaft. Klasse, dass man gute Freunde in dieser Gegend hat. Die Heimfahrt wird mir dadurch versüsst, dass ich mein Auto vollgeladen ist mit italienischen Spezialitäten wie guten Wein, handwerklicher Salami, Pasta, Biscottis und frischen Obst, das auch wirklich gut schmeckt.
Vielen Dank an Carmelo & Pasquale für ihre Gastfreundschaft
Ciao
Roland